So fördert der Staat Weiterbildungen im Digitalbereich
In vielen Teilen Europas herrscht Fachkräftemangel und strukturelle Arbeitslosigkeit. Aus Produktionsmitarbeitern werden Automatisierungstechniker, aus Bäckern werden Produktionsplaner und Werkzeugmacher müssen lernen, wie sie eine Maschine bedienen, die die Arbeit macht, für die sie einmal ihren Meisterbrief erhalten haben. Der Staat weiß das, kennt die Entwicklung und setzt auf Förderung von Weiterbildungen, um Hilfe zu leisten, sich selbst zu entlasten und dem Wandel in Zeiten der Digitalisierung zu begegnen.
Die persönlichen Beweggründe von Arbeitssuchenden, aber auch Festangestellten in einem vermeintlich sicheren Arbeitsumfeld, sind unmittelbarer, aber sozioökonomisch nicht weniger bedeutsam und ebenso mannigfaltig. Der Wunsch nach besseren Lebensumständen, Perspektiven, Chancen und Karrierepfaden, die nicht als Vorarbeiter enden, sind der Grund, warum Weiterbildungen und Umschulungen eine starke Nachfrage erfahren.
Auch vonseiten der Unternehmen herrscht ein großes Interesse an Weiterbildungsmöglichkeiten, durch die potenziell neue Fachkräfte geschaffen werden. In praktisch jeder Branche sind neue digitale Berufe entstanden, die nur durch berufliche Weiterbildungsmaßnahmen, Umschulungen oder zumindest die Fortbildung der Beschäftigten erfolgreich zu besetzen sind. Durch Förderung können auch Menschen daran teilnehmen, die in schwierige Lebensumstände geraten sind und möglicherweise keinen finanziellen Spielraum haben.

Wer erhält eine Förderung für Weiterbildungsmaßnahmen?
Mit dem sogenannten Bildungsgutschein – kurz BGS – fördert der Staat Maßnahmen, die der Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt dienen. Wie im Sozialgesetzbuch III festgeschrieben ist, sind dafür gewisse Rahmenbedingungen zu erfüllen, denn ein Anrecht auf eine Förderung per Bildungsgutschein durch die Agentur für Arbeit besteht nicht. Jeder Fall wird individuell durch das zuständige Arbeitsamt beziehungsweise den Arbeitsvermittler dahingehend geprüft, ob eine Weiterbildung oder Umschulung die Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöht. Erst dann werden Einzelmaßnahmen bewilligt. Grundsätzlich aber erhält jeder eine Förderung durch einen Bildungsgutschein, wenn er arbeitssuchend, in akut bedrohtem Beschäftigungsverhältnis ist oder eine Weiterbildung zwingend notwendig ist, um die Arbeit auch perspektivisch ausüben zu können. Letzteres ist im Bereich Industrie 4.0 häufig der Fall. Wer an weiterführenden Informationen zum Thema BGS-Förderung interessiert ist, findet im Artikel „Bildungsgutschein: Alles, was du wissen musst“ hilfreiche Tipps zum Erhalt.
Besonders gerne gefördert: digitale Berufe
Die Corona-Pandemie kam für Unternehmen einem IT-Stresstest gleich – freilich ungefragt und plötzlich. Dabei hat die Digitalisierung längst jeden Wirtschaftssektor erreicht und, über die sichere Verwendung einer Webcam hinaus, müssen sich KMU und Großkonzerne der Entwicklung und Verzahnung aller Unternehmensbereiche durch Technologie stellen. Der Durst nach Fachkräften, die sich durch Weiterbildungen Know-how in neuen digitalen Berufen wie Cyber Security aneignen, ist riesig. Das wissen auch die Arbeitsvermittler des Jobcenters, die eine hohe Vermittlungsquote erzielen möchten. Absolventen einer Weiterbildung in der IT-Branche sind besonders gut zu vermitteln. Allein die Deutsche Bahn schreibt gut ein Dutzend Stellen nur für App-Entwickler aus. Eine Weiterbildungsmaßnahme, die auf eine Beschäftigung in der IT-Branche abzielt, wird also besonders gerne gefördert.

Finanzielle Unterstützung neben dem Bildungsgutschein
Aber auch abseits der Förderung von Umschulung, Weiterbildung und Fortbildung durch einen Bildungsgutschein greift die Arbeitsagentur für die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen unter die Arme. Neben der geförderten Kursgebühr, die an den Bildungsträger entrichtet wird, beinhalten Weiterbildungskosten auch individuelle Reise- und Übernachtungskosten. Auch Kosten für Lehrmaterial oder Fachliteratur, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Weiterbildungsmaßnahme steht, können erstattet werden. Finden geförderte Weiterbildungen oder Fortbildungen im Angestelltenverhältnis statt, können sogar Kosten für Verdienstausfälle geltend gemacht werden, wenn bestimmte Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Kosten, die nicht durch die Bundesagentur bezuschusst, sondern durch einen Arbeitnehmer selbst getragen werden, können zumindest in der Steuererklärung als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Welche Formen der staatlichen Förderungen gibt es noch?
Wer arbeitslos ist und nachvollziehbares Interesse an einer Umschulung zeigt, argumentieren kann, warum eine Weiterbildung die eigenen Berufschancen erhöht und darüber hinaus alle Voraussetzungen erfüllt, wird aller Voraussicht nach einen Bildungsgutschein erhalten. Aber auch, wenn keine Übernahme aller mit der Weiterbildung in Verbindung stehenden Kosten bewilligt wird, ist gegebenenfalls ein Aufstiegs-BAföG möglich, das ein günstiges Darlehen zu attraktiven Zinsen mit Zuschüssen kombiniert, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Auch Bildungsprämien, die sich aus Prämien- und Spargutschein zusammensetzen und Teilnahmegebühren anteilig fördern, gibt es für Beschäftigte mit geringem Einkommen. Ländersache sind auch Förderungen über einen sogenannten Bildungsscheck, die bei zugelassenen Bildungsträgern eingelöst werden können. Ebenfalls Ländersache sind Bildungsurlaube, die einige Tage Freistellung im Jahr für Weiterbildung im weitesten Sinn bedeuten, aber vom Arbeitnehmer selbst finanziert werden müssen. In der Regel handelt es sich dabei um fünf Kalendertage, die unabhängig von der Anzahl der Urlaubstage für Bildung jedweder Art genutzt werden können.
Weiterbildungsprämien: Die Umschulung vergolden
Teilnehmer einer Umschulung, die in der Ausübung eines neuen, digitalen Berufes resultieren soll, haben einen langen Weg vor sich. Motivation, diesen Lehrpfad zu beschreiten und die Maßnahme erfolgreich abzuschließen, soll durch die sogenannte Weiterbildungsprämie gewährleistet werden. Wer an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnimmt, die zu einem Ausbildungsabschluss führt und eine Dauer von mindestens zwei Jahren aufweist, erhält beim Bestehen der Zwischenprüfung 1.000 Euro. Eine erfolgreiche Abschlussprüfung wird mit 1.500 Euro „vergoldet“. Prämiert werden allerdings ausschließlich Prüfungen, die an Kammern wie der Industrie- und Handelskammer abgelegt werden.