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Welche Weiterbildungen werden staatlich gefördert?

In vielen Teilen Europas herrscht Fachkräftemangel und strukturelle Arbeitslosigkeit, weil sich die Wirtschaft in nie da gewesener Geschwindigkeit verändert. Copywriter werden von KI ersetzt und Werkzeugmacher müssen lernen, wie sie eine Maschine bedienen, die die Arbeit macht, für die sie einmal ihren Meisterbrief erhalten haben.

Der Staat weiß das, kennt die Entwicklung und setzt auf Förderung von Weiterbildungen, um Hilfe zu leisten, sich selbst zu entlasten und dem Wandel in Zeiten der Digitalisierung zu begegnen. Er tut dies aus eigenem Interesse, weil die Kosten der Arbeitslosigkeit meist höher sind als die Kosten einer gezielten Weiterbildung.

Besonders gerne gefördert: IT-Weiterbildungen

Die Corona-Pandemie kam für Unternehmen einem IT-Stresstest gleich – freilich ungefragt und plötzlich. Dabei hat die Digitalisierung längst jeden Wirtschaftssektor erreicht und, über die sichere Verwendung einer Webcam hinaus, müssen sich KMU und Großkonzerne der Entwicklung und Verzahnung aller Unternehmensbereiche durch Technologie stellen. Der Durst nach Fachkräften, die sich durch Weiterbildungen Know-how in neuen digitalen Berufen wie Cyber Security aneignen, ist riesig. Das wissen auch die Arbeitsvermittler des Jobcenters, die eine hohe Vermittlungsquote erzielen möchten. Absolventen einer Weiterbildung in der IT-Branche sind besonders gut zu vermitteln. Allein die Deutsche Bahn schreibt gut ein Dutzend Stellen nur für App-Entwickler aus. Eine Weiterbildungsmaßnahme, die auf eine Beschäftigung in der IT-Branche abzielt, wird also besonders gerne gefördert.
Es gibt verschiedene Förderungen für eine Weiterbildung, die dich für einen ganz neuen Arbeitsbereich qualifiziert. Je nach persönlicher und beruflicher Situation kommen verschiedene Förderungen in Frage, die beantragt werden können. Wir haben dir einmal die wichtigsten Optionen zusammengetragen.

Förderungen für Arbeitssuchende

Schauen wir uns zunächst die Fördermöglichkeiten an, wenn arbeitssuchend und tendenziell über 25 Jahre alt bist:

Bildungsgutschein

Mit dem Bildungsgutschein (BGS) werden Weiterbildungen gezielt gefördert, sodass die berechtigten Personen auf dem Arbeitsmarkt aussichtsreichere Chancen auf eine Anstellung erhalten. Damit ein Antrag bewilligt wird, gelten eine drohende Arbeitslosigkeit, die durch eine Maßnahme abgewendet werden kann, die Beendigung einer bestehenden Arbeitslosigkeit oder ein fehlender Berufsabschluss als Voraussetzung, um finanzielle Zuwendungen für Weiterbildungen zu erhalten. Die Fördermöglichkeit ist stets auf eine bestimmte Maßnahme bezogen. Damit ein Bildungsgutschein ausgestellt wird, ist somit die explizite Mitarbeit des Antragstellers erforderlich, der das Angebot auf dem Markt eruiert und eine sinnvolle sowie förderfähige Weiterbildung findet.

Voraussetzungen für die BGS-Förderung:
  • Du bist arbeitslos bzw. -suchend oder davon bedroht

  • Dir fehlen Kompetenzen oder Qualifikationen für deinen aktuellen Beruf

  • Du kannst nicht mehr in deinem aktuellen Beruf arbeiten

  • Du hast schon eine konkrete Weiterbildung im Auge

Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein

Während der Bildungsgutschein eine Förderung der primären Weiterbildung in einem Fachbereich ist, richtet sich der AVGS eher an die konkrete Bewerbungsphase in der Jobsuche. Mit dieser Förderung werden Maßnahmen unterstützt, die den (Wieder)Einstieg in das Berufsleben erleichtern, wie z. B. Bewerbungs-Coachings oder die Übernahme der Kosten von privaten Arbeitsvermittlern. Neben Arbeitssuchenden können Berufsrückkehrer, Hochschulabsolventen oder auch Selbstständige den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein beantragen. Achtung: Dieser AVGS ist auch die Förderung, du für unseren IT-Orientierungskurs brauchst. Für Neustarter ist er also besonders relevant.

Voraussetzungen für die AVGS-Förderung
  • Du bist arbeitssuchend und beziehst Arbeitslosengeld (I oder II)

  • Du bist Berufsrückkehrer (z. B. nach Elternzeit)

  • Du wurdest aktuell noch nicht vermittelt

Aber auch abseits der Förderung von Umschulung, Weiterbildung und Fortbildung durch einen Bildungsgutschein greift die Arbeitsagentur für die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen unter die Arme. Neben der geförderten Kursgebühr, die an den Bildungsträger entrichtet wird, beinhalten Weiterbildungskosten auch individuelle Reise- und Übernachtungskosten. Auch Kosten für Lehrmaterial oder Fachliteratur, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Weiterbildungsmaßnahme steht, können erstattet werden.

Förderungen für Beschäftigte

Schauen wir uns als Nächstes die Fördermöglichkeiten an, die sich primär an Beschäftigte richten, die bereits einen Job haben:

Qualifzierungschancengesetz

Das Qualifizierungschancengesetz hat 2019 die WeGebAU Förderung abgelöst. Während vorherige sich primär auf geringqualifizierte und ältere Arbeitnehmer fokussiert hat, betrachtet das aktuelle Programm alle Arbeitnehmer, die mit einer Weiterbildung, insbesondere im digitalen Bereich, neue Chancen haben. Je nach Alter und Programm werden zwischen 15% und 100% der Kosten für die Weiterbildung übernommen.

Sonderfall: Berufsförderungsdienst für ehemalige SoldatInnen

Die BFD-Förderung ist ausgerichtet auf BerufssoldatInnen, SoldatInnen auf Zeit und Wehrdienstleistende, die eine berufliche Perspektive am zivilen Arbeitsmarkt anstreben. Die Förderung der Bundeswehr deckt dabei sowohl interne Maßnahmen, als auch externe Aus- und Weiterbildungen oder Lehrgänge ab.

Auch noch wichtig: Finden geförderte Weiterbildungen oder Fortbildungen im Angestelltenverhältnis statt, können sogar Kosten für Verdienstausfälle geltend gemacht werden, wenn bestimmte Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Kosten, die nicht durch die Bundesagentur bezuschusst, sondern durch einen Arbeitnehmer selbst getragen werden, können zumindest in der Steuererklärung als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Förderungen für junge Talente

Schauen wir uns als Letztes die Fördermöglichkeiten an, die du in jedem Fall erhalten kannst, wenn du eher jung und talentiert bist:

Aufstiegs-BAfÖG

Im Gegensatz zum wahrscheinlich bekannteren BAföG, richtet sich das Aufstiegs-BAföG nicht primär an Studierende, sondern an Menschen, die bereits eine Berufsausbildung oder -Erfahrung haben und diese Qualifikationen gezielt ausbauen wollen. Diese teilweise staatliche Förderung unterstützt den Weg zu konkret rechtlich geregelten Ausbildungen, die auf entsprechende Prüfungen vorbereiten. Der Höchstsatz des Aufstiegs-BAföG liegt bei 15.000 Euro, wovon eine Hälfte ein Darlehen und die andere eine staatliche Förderung der Weiterbildung ist.

Vorraussetzungen für das Aufstiegs-BAfÖG:
  • Es gibt keine Altersbegrenzung für die Förderung mit dem AFBG

  • Du musst die Voraussetzungen für die jeweilige Prüfungszulassung oder fachschulische Fortbildung erfüllen

  • Studienabbrecher, Abiturienten oder Menschen mit Bachelor-Abschluss werden ebenfalls gefördert

Aufstiegsstipendium

Noch besser sind natürlich Stipendien, die anders als das BAföG nicht zurückgezahlt werden müssen. Ein Stipendium richtet sich in der Regel an jüngere Menschen, die nach ihrer Ausbildung noch weitere Qualifikationen erreichen wollen und auch die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Das Aufstiegsstipendium richtet sich an besonders leistungsstarke Menschen, die nach einer Berufsausbildung und mit mindestens 2 Jahren Berufserfahrung noch ein Studium anstreben, aber nicht in der finanziellen Situation sind, um dies auch erfolgreich bewerkstelligen zu können. Bewerber werden über ein Auswahlverfahren getestet, wo neben Leistungsfähigkeit auch der Bedarf ermittelt wird.

Vorraussetzungen für das Aufstiegsstipendium:
  • Du hast eine abgeschlossene Berufsausbildung und mindestens 2 Jahre Erfahrung nach dem Abschluss

  • Du hast noch kein Hochschulstudium abgeschlossen

  • Du hast einen Nachweis über deine besonderen Leistungen (z. B. eine Abschlussnote von 1,9 bzw. 87 Punkten oder besser)

Weiterbildungsstipendium

Eine weitere Form der Begabtenförderung ist das Weiterbildungsstipendium. Es richtet sich an qualifizierte und leistungsstarke Menschen, die nach ihrer beruflichen Ausbildung eine weiterführende Qualifikation zur Fachkraft erreichen wollen. Die finanzielle Förderung der beruflichen Weiterbildung erfolgt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Vorraussetzungen für das Weiterbildungsstipendium:
  • Du hast eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten dualen Ausbildungsberuf oder in einem bundesgesetzlich geregelten Fachberuf im Gesundheitswesen

  • Du bist nicht älter als 25 Jahre

  • Du bist in einer Anstellung mit mindestens 15 Stunden Arbeitszeit in der Woche oder bist bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet

Länderspezifische Förderprogramme

In einzelnen Bundesländern gibt es noch spezielle Förderprogramme, auf die wir hier nicht im Detail eingehen könne. Ländersache sind z.B. Förderungen über einen sogenannten Bildungsscheck, die bei zugelassenen Bildungsträgern eingelöst werden können. Ebenfalls Ländersache sind Bildungsurlaube, die einige Tage Freistellung im Jahr für Weiterbildung im weitesten Sinn bedeuten, aber vom Arbeitnehmer selbst finanziert werden müssen. In der Regel handelt es sich dabei um fünf Kalendertage, die unabhängig von der Anzahl der Urlaubstage für Bildung jedweder Art genutzt werden können.

Weiterbildungsprämien: Belohnung für harte Arbeit

Und zum Abschluss noch ein besonders reizvoller Hinweis: Teilnehmer einer Umschulung, die in der Ausübung eines neuen, digitalen Berufes resultieren soll, haben einen langen Weg vor sich. Motivation, diesen Lehrpfad zu beschreiten und die Maßnahme erfolgreich abzuschließen, soll durch spezilelle Weiterbildungsprämien gewährleistet werden.

Wer an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnimmt, die zu einem Ausbildungsabschluss führt und eine Dauer von mind. zwei Jahren aufweist, erhält beim Bestehen der Zwischenprüfung 1.000 Euro. Eine erfolgreiche Abschlussprüfung wird mit 1.500 Euro „vergoldet“. Prämiert werden allerdings ausschließlich Prüfungen, die an Kammern wie der IHK abgelegt werden.

Auch im Rahmen von arbeitsagentur- oder jobcenterfinanzierten Maßnahmen gibt es seit Einführung des Bürgergelds einen besonderen Anreiz in Form eines monatlichen Weiterbildungsgeldes in Höhe von 150 EUR (bei abschlussorientierten Maßnahmen) oder 75 EUR (bei allen anderen Maßnahmen), wenn die Dauer der Weiterbildung mindestens 8 Wochen beträgt. Nicht schlecht, oder?

Weiterbildung: Die beste aller Investitionen

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